Inbetween A&B
Heide Reinhaeckel
Nachts in einer Berliner Bar sah ich zum ersten Mal diese Papier Bögen. Sie lagen ausgebreitet auf einer schwarzen glänzenden Tischplatte. Weiße rechteckige Flächen mit willkürlichen grauen Markierungen forderten Aufmerksamkeit neben dem Cocktail mit Pfefferminzblatt-Dekoration.
Doch die Kontingenz sollte erst beginnen.
Befremdliche, nach keinem bekannten visuellen Code einzuordnende, irritierende Punkte, Linien, Kreise waren da zu sehen.
Den einzig möglichen Zugang bot mir das Zeichensystem der Sprache an, da die Semiotik der Blätter mich ausschloss.
Sprachfixiert suchte ich nach Kommentaren für den Künstler und eröffnete das paradoxe Spiel, auf nicht normierte Zeichen mit Worten zu kontern, die die Differenz jedoch immer weiter machten.
Was steht im Alphabet zwischen A und B?
Diese Zeichnungen bedeuten für mich das Material der Leerstellen. Gescannt mit sublimem Mikroskop-Blick: Abstände, die Sprache nicht fassen kann.
Mikro-Distanzen.
Was passt in den Raum zwischen den Phonemen?
Die Limitierung des menschlichen Fine-Tuning-Vermögens der Sprache wurde mir bewusst. Gewiss ist ein Reagieren auf Bildlichkeit mit Sprachinstrumenten ein seltsam asymmetrischer Zug.
Jedoch das Wissen um die Jenseitslosigkeit der menschlichen Kommunikations-Party weist in den Sprach-Pool zurück.
Deshalb formulierte sich spontan der Slogan: Help me: I feel so atomised.
Ein semantisches Wortfeld fing an zu blinken: Fragmentierung, Pluralisierung, Deformation und erinnerte an moderne Mentalitätsbeschreibungen.
Nano-Partikel zelebrierten das Punktuelle und simulierten Implosion oder Explosion.
Spiralisierende Strukturen, an Zellinnenleben erinnernd. Pictures Fragile.
Ein Mikrokosmos der Vereinzelung und doch korrespondierte alles miteinander.
Alles Zersplitterte fiel noch einmal und löste sich auf. White sheets.
Scheinbar. Positionierung nicht möglich. Pixel-Pictures.